Das BKA hört mehrere Handygespräche zwischen Deutschland, Damaskus, Bagdad und Grosny ab. In den Gesprächen geht es um Terroranschläge in Westeuropa und um Drogen. In aller Eile installieren das BKA und der Verfassungsschutz in einem kleinen Ort am Niederrhein eine behelfsmäßige Kommandozentrale. Aus dieser Gegend kamen die Gespräche. Der Nahost Experte Walther Sembach, strafversetzt von Damaskus nach Deutschland, bekommt die undankbare Aufgabe, die Urheber der Telefonate zu ermitteln. Als er der Wahrheit zu nahe kommt, steht er selbst auf der Abschussliste.
Freitag, 22. April 2022
Donnerstag, 31. März 2022
Tödliche Intrige
Ein anonymer Informant bietet dem schwedischen Journalisten Eric Larsson Informationen über die Hintergründe der Giftgasattacken in Damaskus an. Eric trifft die Quelle auf Malta – Judith, eine attraktive Israelin. Ihre gemeinsamen Nachforschungen führen sie über La Valetta, Zürich und Saudi-Arabien in den Hexenkessel Damaskus.Auf der langen und gefährlichen Reise fragt sich Eric immer häufiger – wer sind seine Auftraggeber in Wahrheit und wer ist Judith?
Donnerstag, 24. März 2022
Leben und Überleben
Geschichten aus dem Leben.
- Was eine junge Frau erlebt, die mit ihrem kleinen Sohn in Urlaub fahren will, aber nicht das Geld dafür hat.
- Die Betrüger, die das große Rad drehen wollen, und eine Bank über den Tisch ziehen.
- Wie lebt es sich im Knast und wie lebt es sich, wenn man rauskommt.
- Was alles passieren kann, wenn sich ein Seemann in eine Hure verliebt.
- Ost-Kongo. Eine Wanderung durch die Savanne, begleitet von hungrigen Raubtieren, angriffslustigen Elefanten und Wildhunden. Wie schmeckt geröstete Schlange?
- und noch einige Stories mehr ....
Mittwoch, 9. März 2022
Am Abgrund - Moskau 9. Mai
Jonny lernt im Gefängnis die Russin Larissa kennen. Sie hat ihren Zuhälter umgebracht. Jetzt hat sie ihre Haftstrafe verbüßt und soll nach Russland abgeschoben werden.
Jonny hat gemeinsam mit Russen in großem
Stil Banken betrogen. Auf ihn wartet eine lange Haftstrafe.
Da nimmt
der Prozess gegen Jonny einen unerwarteten Verlauf. Tschetschenische
Terroristen planen ein Attentat in Moskau während der Mai-Parade. Jonny
kennt einen der Attentäter. Die Staatsanwaltschaft macht ihm ein
verlockendes Angebot. Man will die Anklage fallen lassen, wenn er
behilflich ist, die Terroristen aus dem Verkehr zu ziehen. Zur Tarnung
soll Larissa als seine Ehefrau auftreten.
Donnerstag, 24. Februar 2022
Geliebte Mörderin - Schatten der Vergangenheit
Valencia 2003 - wer ist die junge Frau, die an einem sonnigen Herbsttag tot am Strand liegt? Der Journalist Pierre Schneider kannte die Tote. Er weiß, es war Mord und kein Unfall, wie die Polizei behauptet. Die Frau musste sterben, weil sie einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur gekommen war. Ein russischer Astrophysiker hat sich auf ein gewagtes Spiel eingelassen. Er verfügt über Informationen, die er gegen ein hohes Gut eintauschen will – Freiheit für seine Familie.
Samstag, 5. Februar 2022
Ferne Ufer - Shanghai
Donnerstag, 3. Februar 2022
Inferno Damaskus
Syrien - ein Land kurz vor dem Auseinanderfall. Ulf Leitner hat viele Jahre von den Kriegsschauplätzen dieser Welt berichtet. Er sagt - Leichenberge kann man nur mit einem kräftigen Schluck Whisky aushalten. Mit den Leichenbergen wächst auch sein Alkoholkonsum. Erst kann ihn seine Frau Lydia nicht mehr ertragen und verlässt ihn. Dann erträgt der Chefredakteur seine ständigen Alkoholexzesse nicht mehr und wirft ihn raus.Ulf sitzt auf der Straße und hat nur ein Ziel - sich möglichst schnell mit Whisky unter die Erde zu bringen.
Lydia, Reporterin wie Ulf,
will aus Syrien über Steinigungen moslemischer Frauen in den besetzten
Gebieten berichten. Plötzlich bricht bricht der Kontakt zu Lydia ab. Ulf macht sich auf die Suche nach Lydia.
Dienstag, 1. Februar 2022
Zeiten ändern dich
Nichts ist gefährlicher als die Wahrheit.
Alexander, gerade aus dem Gefängnis entlassen, wird vom Verfassungsschutz erpresst. Gegen seinen Willen schleust man ihn in eine Nazi-Gruppierung ein. Sein Auftrag - er soll die Wahrheit herausfinden. Bald merkt er, dass er alles finden soll, nur nicht die Wahrheit. Auf dem gefahrvollen Weg durch das Nazi-Umfeld lernt er Lena kennen. Sie ist eine Hure, aber eine herzensgute Frau und sie verlieben sich ineinander.Montag, 31. Januar 2022
Mein russisches Tagebuch
Wie sind die Russen? Sie sind liebenswerte Überlebenskünstler.
Heiteres und Besinnliches aus Russland.
Donnerstag, 27. Januar 2022
Tarhuna - Giftgas für Libyen
Mittwoch, 26. Januar 2022
Die Akte Perm
Am 14. September 2008, dem Geburtstag des russischen Präsidenten Medwedew, stürzt in unmittelbarer Nähe der Stadt Perm am Ural ein Flugzeug der Aeroflot-Nord ab. Bereits am Tag nach dem Absturz ranken sich Gerüchte um das Unglück. Hat die Technik versagt, oder waren die Piloten betrunken und übermüdet? Oder hatten tschetschenische Terroristen die Boeing entführt und der Absturz war in Wahrheit ein gezielter Abschuss der russischen Luftwaffe?
Montag, 24. Januar 2022
Deckname Nikita
Moskau - Dezember 1990, wenige Wochen nach der Wiedervereinigung. Zufällig erfährt ein Mitarbeiter der Britischen Botschaft von einem geplanten Putsch gegen Gorbatschow. Einer der Putschisten ist Oleg Kirillowitsch. Doch wer ist Oleg? Ist er ein Steinzeit-Stalinist oder tschetschenischer Terrorist? Handelt er im Auftrag eines US-amerikanischen Geheimdienstes? Paul Bachmann, ehemaliger Mitarbeiter des BND, soll nach Moskau reisen und herausfinden, was die Putschisten planen.
Dienstag, 5. Mai 2020
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Artikel im Spiegel
Spanischer Bürgerkrieg -- Exodus der Kinder
Hitlers
Volkssturm -- Der letzte
Befehl
Seemannsbräuche
-- Einmal Neptun die Füße lecken
Flucht aus der DDR -- Neues Lager, neues Glück
Kindheit
in der Nachkriegszeit -- Als Thälmann-Pionier auf Du und Du mit
"Iwan"
Flucht
aus Pommern -- Die Brücke hinter uns ist in die Luft
geflogen!
Reise
mit der Transsib -- Ehe auf
Russisch
Bahnfahren, Bahnfahren, Bahnfahren! Seit Detlev Crusius mit seiner Frau durch Russland zur Verwandschaft reist, ist ihm klar: "In der Nähe" heißt in Russland etwas ganz anderes als in Deutschland.
Mittwoch, 4. Mai 2016
Dienstag, 3. Mai 2016
1945 - der letzte Befehl
Leseprobe aus Grenzgänger - Books Amazon
Jede Nacht, seit Tagen schon, beobachteten die Einwohner der kleinen Stadt die flackernden Lichter über dem Horizont. Die Erscheinungen hätten Wetterleuchten oder ferne Gewitter sein können, wenn sie nicht in östlicher Richtung zu sehen gewesen wären.
Jetzt war das Flackern stärker als jedes Wetterleuchten, die gelb und orangefarbenen Blitze der explodierenden Artilleriegranaten und die Flugbahnen der Leuchtspurmunition waren deutlich zu erkennen. Seit letzter Nacht konnte man auch das dumpf drohende Grollen der Granateinschläge und das grelle Pfeifen der Stalinorgeln hören.
Seit Wochen waren verwundete Soldaten in endlosen traurigen Kolonnen durch die Stadt gezogen, zu Fuß oder in Sanitätsfahrzeugen. Leichtverletzte zogen Schwerverletzte auf Handkarren hinter sich her. Sie klopften an die Türen und fragten nach Wasser oder etwas Essbarem.
Plötzlich war der Spuk dieses Elendstrecks verwundeter Soldaten zu Ende. Voller Hoffnung glaubten die Menschen, die deutsche Front hätte standgehalten, bis bekannt wurde, es gäbe keine deutsche Front mehr. Die kläglichen Reste der deutschen Soldaten seien eingeschlossen und würden von den Russen gnadenlos vernichtet. Es befand sich kein Hindernis mehr zwischen den Russen und der Stadt, und die Rote Armee war nur noch wenige Kilometer entfernt.
In der Stadt wohnten vor dem Krieg etwas weniger als fünfzigtausend Menschen, unwichtig aus militärischer Sicht. Ihr Verhängnis war, der Roten Armee auf ihrem Vormarsch im Weg zu stehen.
Bereits am späten Nachmittag des Vortages war ein Lautsprecherwagen der Wehrmacht durch die Straßen der Stadt gefahren und der Sprecher hatte die Männer vom Volkssturm und alle anderen Wehrfähigen aufgerufen, sich am nachfolgenden Morgen auf dem Marktplatz einzufinden. ‘Morgen früh 5 Uhr auf dem Marktplatz’ lautete die Durchsage. In den Pausen drang fröhliche Marschmusik aus dem Lautsprecher.
Es war fünf Uhr morgens und noch dunkle Nacht. Ein scharfer Wind fegte über den Sammelplatz und trieb Schnee vor sich her. Nicht als weiche Flocken, die prickelnd auf der Haut schmolzen, sondern scharfkantige Eiskristalle, die sich wie spitze Nadeln in Gesicht und Hände bohrten.
An den Straßenecken und in den Hauseingängen türmten sich kleine Wehen auf. In jenem Winter war es bereits Ende September, also ungewöhnlich früh, sehr kalt geworden, und die Warthe, der Fluss, an dessen Ufern die Stadt lag, war seit Weihnachten zugefroren. Das Eis war fest, und die Bewohner der Stadt überquerten mit ihren Pferdefuhrwerken den Fluss.
Etwa fünfzig Männer hatten sich auf dem Platz neben dem Dom eingefunden und waren in einer unmilitärisch schiefen Linie angetreten. Die meisten von ihnen trugen die Armbinde des Volkssturms, aber auch jene ohne Armbinde waren als wehrfähig eingestuft und hatten sich auf den Sammelplatz begeben. Fast alle waren in Zivilkleidung, in Wintermänteln, Filzhüten mit Krempe, Pudelmützen, fellgefütterte Winterstiefel oder auch dünne Halbschuhe. Viele waren Brillenträger, und die Gläser waren vom Schnee dick verkrustet. Sie hatten handgestrickte Handschuhe an und wollene Schals um den Hals geschlungen. Nicht alle besaßen Schals oder Mützen, und viele der Mäntel und Schuhe waren wenig geeignet für den Schnee und die beißende Kälte an jenem frühen Morgen.
Einige der Männer gingen an Krücken, hatten von Blut rot verfärbte Verbände um den Kopf gewickelt, oder es fehlte ihnen ein Arm oder ein Bein. Die leeren Ärmel der Mäntel hatten sie in die Manteltaschen gesteckt, die leeren Hosenbeine nach oben geschlagen und mit großen Sicherheitsnadeln festgesteckt oder mit Bändern umbunden. Die Verwundeten trugen Uniformmäntel der Wehrmacht. Sie waren auf dem Rückmarsch von der Front in der Stadt zurückgeblieben, weil es nicht genug Transportfahrzeuge gab, weil sie zu müde waren, weiter zu laufen, weil sie sich in ihr Schicksal ergeben hatten und nicht mehr weitergehen wollten.
Die verwundeten Soldaten waren noch jung, kaum zwanzig Jahre alt, oder nur wenig älter. Die Männer vom Volkssturm waren über fünfzig Jahre, und einige der Älteren mussten gestützt werden. In der Reihe der Erwachsenen standen auch einige Jungen, vielmehr Kinder, vielleicht vierzehn Jahre alt. Sie trugen auch Uniformen, die ihnen zu groß waren und in die sie in diesem Krieg nicht mehr hineinwachsen würden. Sie hatten Angst und einer von ihnen weinte und versteckte sich hinter seinen Kameraden, wollte niemandem seine Tränen zeigen.
Ein paar hölzerne Karren standen vor der Linie. Die unrasierten Gesichter der Männer waren grau von Kälte und den beißenden Eiskristallen, die durch jedes Knopfloch, durch jeden Ritz ihrer Kleidung bis auf die Haut drangen. Sie kannten sich, es war eine kleine Stadt. Sie waren Nachbarn und gemeinsam zum Sammelplatz gegangen. Sie redeten nicht miteinander, auch nicht die üblichen Durchhalteparolen wollten ihnen über die Lippen kommen.
In der Reihe stand ein Mann, der sich Vorwürfe machte, nicht auf seine Frau gehört zu haben. Sie hatte geweint und gesagt: »Geh nicht dort hin, lass uns weggehen, noch ist es Zeit. Denk an unser Kind.« Der Mann wollte nicht zum Sammelplatz gehen, aber er fürchtete sich, den Befehl zu verweigern, welcher den ganzen gestrigen Nachmittag über den Lautsprecherwagen ausgerufen worden war. Wenn es morgens hell wurde, sahen die Passanten auf dem Marktplatz die Unglücklichen an den Laternen hängen, die nachts hatten flüchten wollen. Ein Standgericht der SS hatte sie auf dem Marktplatz zur Abschreckung aufgehängt. Oft hängten sie Männer am helllichten Tag auf, weil sie sich Zuschauer wünschten, und die SS-Schergen hängten sie in einer Weise, die langsames Sterben bedeutete. Nie versuchte einer der Zuschauer zu helfen. Es war so wie immer. Da war das Opfer, manchmal um Hilfe bettelnd, seine Henker in ihren schwarzen Uniformen und den Totenköpfen an den Helmen und die unbeteiligten Dritten, die Zuschauer, voller Selbstverachtung, sich widerlich vorkommend, weil sie nicht halfen, glücklich, nicht betroffen zu sein.
Die Zuschauer rannten in die Seitenstraßen, bemüht, nicht hinzusehen, wie die noch immer Lebenden an den Laternen zappelten, wie ihnen der Kot an den Beinen runter lief und über die Schuhe auf die Erde tropfte - und sie mussten trotzdem hinsehen.
Der Mann wollte nicht und musste dennoch hingehen. Seine Frau hatte ihn am Mantel festgehalten und verzweifelt angefleht: »Du wirst sterben, wenn du hingehst.« Sie hatte sich in seinen Mantel gekrallt, versuchte, ihn mit Gewalt daran zu hindern, zum Sammelplatz zu gehen. Das Kind war von ihrem Streit wach geworden und weinte. Sie riss den Jungen aus dem Bett und hielt ihn ihrem Mann hin: »Sieh deinen Sohn an. Willst du ihn alleine lassen?« Der Mann antwortete ruhig: »Ich muss gehen, ohne mich seid ihr besser dran, ich bringe dich und den Jungen nur in Gefahr, wenn ich bleibe. Wo ich sterben werde, ist egal. Ohne mich hast du mit unserem Jungen noch eine Chance«, und hatte sie sanft, um ihr nicht wehzutun, abgeschüttelt, umarmte sie gegen ihren Willen zum Abschied, küsste sie auf die Stirn und wollte gehen. Voller Panik, alleine zu bleiben, versperrte sie mit ihrem Körper die Wohnungstür und es kam zu einem Gerangel. Der Mann hatte keine Wahl, er musste sie zur Seite schieben, und er tat es so sanft wie möglich, sie fiel trotzdem zu Boden. Regungslos saß sie neben der Tür, ihr Gesicht kreideweiß und von Schweiß und Tränen überströmt und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihren Mann an. Ohne einen Blick zurück verließ er die Wohnung.
Jetzt dachte er an sie und an sein Kind und bereute, nicht auf seine Frau gehört zu haben.
Vor der angetretenen Truppe stand ein alter Feldwebel der Wehrmacht, älter als die meisten der Männer vor ihm. Er trug einen vom langen Krieg zerschlissenen und dreckverkrusteten Uniformmantel. Seinen Kopf hatte er mit einem grauen Schal umwickelt, darüber trug er als Einziger einen Stahlhelm.
Die Leute von der Partei und der Stadtkommandant hatten ihm befohlen, Landsberg, das war der Name der kleinen Stadt, gegen die heranrückenden Bolschewiken, so nannte der Stadtkommandant die Soldaten der Roten Armee, mit den Männern des Volkssturms zu verteidigen.
Der alte Feldwebel war genauso müde und halb erfroren wie die Männer, und er hatte wie sie seit Längerem keine warme Mahlzeit mehr gegessen. Er betrachtete die unmilitärische Linie der angetretenen Männer vor sich, er sah die Holzwagen, die später dazu dienen sollten, die Verwundeten und die Toten aus der Kampfzone wegzuschaffen. Er sah die Waffen, die man ihm zur Verteidigung der Stadt überlassen hatte. Ein leichtes Maschinengewehr mit zwei Munitionsgurten. Er selbst hatte seine Pistole, eine P08, und über der Schulter trug er einen Karabiner. Die Pistole war geladen, aber er hatte keine Reservemunition mehr. Für den Karabiner gab es schon seit Wochen keine Patronen mehr. Die meisten angetretenen Männer trugen einen Spaten mit kurzem Stiel im Gürtel. Mit diesem Werkzeug hatten sie in den vergangenen Tagen Schanzarbeiten am Stadtrand verrichtet.
Der Obersturmbannführer der SA hatte den Feldwebel zum Rapport in sein Büro befohlen. Als dieser das Büro betrat, fiel sein Blick auf das Bild des Führers, es hing an der Wand hinter dem Schreibtisch. Daneben stand schräg an die Wand gelehnt eine Hakenkreuzstandarte mit dem Adler auf der Spitze der Stange. Es roch nach frischem Kaffee und gutem Essen. Der Obersturmbannführer saß hinter einem riesigen Schreibtisch und hielt dem Feldwebel einen Vortrag, faselte von Volk, Führer und Vaterland. Er war noch ein junger Mann, halb so alt wie der Feldwebel und etwas dicklich. Die Knöpfe seiner sauberen und gut gebügelten braunen Uniform spannten über dem Bauch. Seine Augen waren wässerig von übermäßigem Alkoholgenuss.
Er bot dem Feldwebel keinen Stuhl an, was dieser jedoch nicht bedauerte. In Gedanken war er bei einer ganz anderen Nachricht, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte und die er gestern mit großer Verspätung erhalten hatte. Seine Frau und seine Mutter waren vor zwei Monaten bei einem Bombenangriff in Hamburg ums Leben gekommen, daran dachte er, als er den Obersturmbannführer vor sich sah. Er dachte auch an seine beiden Söhne, die in Stalingrad gefallen waren, verreckt im Dreck für Führer und Vaterland.
Die Männer des Volkssturms, so schnarrte ihn der Obersturmbannführer an, wobei er den Tonfall des Führers zu kopieren versuchte, sollten zuerst Gräben ausheben, später mit ihren Spaten die heranstürmenden Russen erschlagen und ihnen die Waffen abnehmen. Der Feldwebel hatte nicht gefragt, wie er diesen Befehl mit einer Handvoll alter und vor Kälte und Hunger erschöpfter Männer ausführen sollte. Was hätte der Obersturmbannführer geantwortet? Wahrscheinlich, ein Deutscher, sei er auch alt und verhungert und nur mit einem Spaten bewaffnet, könne zehn oder mehr schwer bewaffnete Rotarmisten totschlagen. Er hatte dieses Gefasel schon so oft gehört, er konnte es nicht mehr hören und fragte lieber nicht.
Als der Feldwebel meinte, der Obersturmbannführer hätte alles gesagt, hob er mit gekrümmten Fingern seine rechte Hand in die Nähe seiner Stirn und ließ sie mit steinernem Gesichtsausdruck einen Moment dort in der Luft hängen. Mit seinen Gedanken war er in Hamburg, bei seiner Frau und seiner Mutter, die er nie mehr wiedersehen würde.
Der Obersturmbannführer schnarrte ihn in seiner Hitler-Imitation an: »Haben Sie den Deutschen Gruß verlernt?« Ebenso schnarrend antwortete der Feldwebel: »Nein, Obersturmbannführer, wie könnte ich den je verlernen.« Er drehte sich um und verließ den Raum, unfähig weiter im selben Raum mit diesem Mann bleiben zu können. Angst hatte er keine mehr, er war nur noch verzweifelt und unendlich müde.
Der Mann, der gegen den Willen der Frau zum Sammelplatz gekommen war, stand dem Feldwebel gegenüber. Dieser sah ihn an, und für einen Augenblick traf sich ihr Blick. Sie waren sich bisher nie begegnet, aber in diesem Augenblick wusste jeder, was der andere gerade dachte: Wir werden hier sterben.
Der Feldwebel jedoch fasste einen Entschluss. Er trat noch näher an die Männer heran und deutete ihnen an, einen Kreis um ihn zu bilden.
Dann sagte er: »Männer, was ich euch jetzt sage, ist ein Befehl, auf den ihr euch jederzeit berufen könnt, wenn euch jemand aufhält. Ihr geht jetzt nach Hause, der Krieg ist für euch zu Ende. Kümmert euch um eure Frauen und Kinder. Nehmt Decken und so viele Lebensmittel wie ihr tragen könnt und geht zum Bahnhof. Heute Morgen sind zwei Personenzüge aus Küstrin angekommen und das sind die letzten Züge, die diese Stadt verlassen werden. Ihr solltet spätestens mittags 13 Uhr auf dem Bahnhof sein. Die Züge fahren heute am späten Nachmittag zurück nach Küstrin, dort über die Oder und weiter Richtung Westen, weg von der Front und weg von den Russen. Ihr braucht keine Angst zu haben, es wird euch niemand sehen, wenn ihr jetzt geht. Auch auf dem Bahnhof wird euch niemand sehen. Die von der Partei, der Stadtkommandant und auch die SS haben die Stadt gestern Abend verlassen. Ich wünsche euch viel Glück.« Einen Moment sah es so aus, als ob der Feldwebel militärisch grüßen wollte. Aber er hob nur die Hand und es wurde so etwas wie Winken daraus und er lächelte dabei.
Die Männer sahen sich ungläubig an, flüsterten leise miteinander. Konnte das wahr sein, durften sie nach Hause gehen?
Einige hoben halbherzig und mehr aus Gewohnheit den rechten Arm zum Hitlergruß, ließen ihn jedoch rasch wieder sinken und sagten nichts. Der Feldwebel kehrte sich ab, kämpfte sich gegen das Schneetreiben vorn über gebeugt quer über den Platz und verschwand in einer schmalen Gasse. Das war sein letzter Befehl in diesem Krieg gewesen, und er wusste das. Die Feldjäger werden mich finden. Es war ihm egal, er hatte keine Angst mehr. Er war nur noch müde.
Die Männer zerstreuten sich rasch, die kleinen Holzwagen nahmen sie mit. Bald war der Platz menschenleer, und nach wenigen Minuten hatte der wirbelnde Schnee ihre Fußspuren zugeweht.
Von diesen Ereignissen erzählte mir viele Jahre später mein Vater. Es muss sich am 30. Januar 1945 so zugetragen haben. Am gleichen Tag verließen wir Landsberg mit dem letzten Zug.
Sonntag, 1. Mai 2016
Kindheit in Güstrow
Leseprobe aus Grenzgänger
Oma und Opa wohnten auch in Güstrow, sie waren vor uns geflüchtet. Opa hatte ein Holzbein, das war sein August. Er hatte sein Bein nicht im Krieg verloren, das hatte man ihm amputiert, als er noch ein kleiner Junge war. Deshalb war sein August beinahe wie ein Körperteil von ihm und er konnte gut damit laufen.
Opa hatte immer ein paar Zigarren bei sich, wenn er in die Kommandantura der Russen ging. Er durfte regelmäßig nach Westberlin fahren, die Reisegenehmigungen hat er sicher mit Zigarren bezahlt. Dort wohnte eine meiner Tanten, die alles besorgte, was man im Osten nicht bekam, vor allen Dingen Medikamente. Und das alles transportierte Opa dann im Hohlraum seines hölzernen Beines von West nach Ost. Als er einmal noch Platz in seinem August hatte, brachte er uns Bananen mit. Das war ein großes Ereignis - Bananen aus Opas Holzbein!
Opa war überhaupt ein großer Organisator. Egal was gebraucht wurde, Bindfaden, Schuhsohlen,
Nägel, Bezugsscheine für Kleidung - Opa besorgte alles. Und oft bekam er von den Russen, was er brauchte. Er war mit den Russen gut befreundet. Opa hob alles auf, er warf nichts weg. Kein Bindfaden war zu kurz und kein Nagel war krumm genug - er warf nichts weg. Ich habe viel von Opa gelernt, ich kann auch nichts wegwerfen.
Opa beschaffte mir auch viele in der DDR verbotene Bücher, ohne zu ahnen, welche Saat er damit bei mir legte. Das waren Bücher von Jack London, Joseph Conrad, Stevenson, Graf Luckner, Karl May - alle verboten und deshalb sehr beliebt. In der Schule hatten wir einen Buchtauschring organisiert und Mitglied wurde nur, wer als verschwiegen galt. Von dem Tauschring wussten auch unsere Eltern nichts. Uns Jungen konnte nicht viel passieren, unseren Eltern schon, wenn unsere Lehrer bemerkt hätten, was für Bücher wir lasen. Es ist aber nie was durchgesickert. Auch mein bester Freund Werner hat seinen Eltern gegenüber geschwiegen und über dessen Vater sagte meine Mutter einmal, er sei ein in der Wolle gefärbter Roter.
In der Schulbücherei fand ich auch interessante Abenteuergeschichten aus Russland, von Pelzjägern und Fallenstellern in Sibirien, Geschichten, die mich nicht weniger begeisterten, als die Bücher, die mir Opa in seinem August mitbrachte. An den Ufern des Sewan habe ich in jener Zeit gelesen.
Meine Großeltern hatten zwei Gärten, einen großen hinten an der Goldberger Chaussee, einen kleinen hinter dem Haus. Im großen Garten wuchs fast alles, was wir zum Leben brauchten. Die Hühner, Enten und Küken hatte sie in ihrem kleinen Garten hinter dem Haus. Sie tastete die Hühner, steckte ihnen ihren krummen, gichtigen Zeigefinger in den Hintern und wusste deshalb immer, ob bald ein Ei fertig sei. Dann wurde das Huhn im Stall eingesperrt, damit es das Ei nicht beim Nachbarn legte.
Opa erzählte mir auch viele Geschichten vom Räuber Mack. Der Räuber Mack war früher in den pommerischen Wäldern umhergezogen und hat sich an die hübschen Mägde der einsamen Bauernhöfe herangemacht. Oma hat immer sehr geschimpft, wenn Opa mir vom Räuber Mack erzählte und was der mit den Mägden gemacht hat. Das meiste habe ich nicht verstanden, das waren immer so komische halbe Sätze und an vielen Stellen sagte er nur: ›Hum‹ ›Hum‹ ›Hum.’
Opa und Onkel Günter brauten aus Johannisbeeren und Stachelbeeren Wein, aus dem sie dann Schnaps brannten. Das war ein übles Zeug, und einmal ist mir furchtbar schlecht davon geworden, denn ich durfte immer probieren.
Sie tauschten davon aber wenig gegen Lebensmittel, das meiste tranken sie selbst. Wenn sie dann sehr lustig waren, marschierten sie um den Wohnzimmertisch, sangen Lieder, formten ihre Hände zu Trompeten und trompeteten wie ein ganzes Blasorchester. Opa konnte gut marschieren mit seinem Holzbein und dabei eine Trompete oder Posaune nachmachen.
Oma hielt mir die Ohren zu, damit ich nicht hörte, was die Beiden für Lieder sangen. Sie schüttelte drohend ihren krummen gichtigen Zeigefinger und schimpfte: »Der liebe Gott wird euch strafen!«
Onkel Günter züchtete Kaninchen und an hohen Feiertagen gab es bei uns immer Kaninchenbraten. Später, als wir in West-Deutschland lebten und dort das Wirtschaftswunder ausbrach, war Kaninchenbraten plötzlich ein Arme-Leute-Essen. Für mich ist Kaninchenbraten auch heute noch ein Festessen.
Wenn Onkel Günter ein Kaninchen schlachtete, dann schlug er dem Tier erst mit einem Stück Holz in den Nacken und dann, einfach ratsch, schnitt er ihm die Kehle durch. Dann war Onkel Günter krank und der Nachbar sollte ein Kaninchen für Oma schlachten. Der hat kein Stück Holz genommen, sondern hat dem Tier einfach mit der Handkante in den Nacken geschlagen. Mann, was hat das Viech gequiekt, als es ratsch machte. Aber geschmeckt hat der Braten trotzdem.
Der 1. Mai war so ein wichtiger Feiertag, wichtiger als Weihnachten. Die VEB, die Volkseigenen Betriebe, jetzt gehörte ja alles den Werktätigen, organisierten Umzüge in der Stadt. Es wurden viele Fahnen an den Wagen befestigt, sowjetische Fahnen mit Hammer und Sichel, oder ganz rote. Die Wagen wurden von Treckern durch die Stadt gezogen. Es gab auch einen Musikwagen, auf dem fuhr mein Vater mit, denn er spielte Geige. Die Musikanten auf dem Musikwagen spielten aber nicht lange, waren schnell sehr lustig und sangen dann nur noch. Abends gab’s Kaninchenbraten, weil es ja ein Feiertag war. Den aß ich nur mit meiner Mutter, Oma und Tante Irmchen. Alle anderen schliefen schon. Oma sagte: »Heute essen wir alles auf, für diese Suffköppe lassen wir nichts übrig.«
Weil Holz und deshalb auch warmes Wasser knapp war, wurde nur samstags gebadet. Wenn wir alle gebadet hatten, scheuerte Oma mit dem Badewasser den Holzfußboden, bohnerte und legte große Pappenstücke auf den Boden. Wir durften nur auf der Pappe laufen, nicht links oder rechts daneben. Sonntagmorgen räumte Oma die Pappe weg und es war den ganzen Sonntag sauber.
Sonntags rasierte Opa sich mit einem Rasiermesser. Das schärfte er erst an einem Lederriemen. Dann zog er seinen guten Anzug mit Weste an und band sich eine Krawatte um. Den Anzug hatte er bei einem Landstreicher gegen Schnaps eingetauscht. Oma hatte den Anzug gewaschen, auseinander getrennt, gewendet und wieder zusammengenäht. »Fast wie neu, das ist englischer Stoff«, sagte Opa voller Stolz.
Wir saßen dann alle im Wohnzimmer um den großen ovalen Tisch herum und aßen. In der ersten Zeit gab es nur Kohlsuppe oder Suppe aus Zuckerrüben, aber Opa trug seinen englischen Anzug und Oma hatte ihr blaues Blümchenkleid mit Spitzenkragen an. Später dann, als die Kaninchen von Onkel Günter sich gut vermehrten, gab es oft Kaninchenbraten und hin und wieder auch Hühnerbraten. Hühnerbraten gab es selten, die Hühner mussten vor allen Dingen ihr ganzes Leben lang Eier legen. Wir fingen auch Fische in einem der Seen, aber das war illegal, denn Angeln war verboten.
Onkel Günter war im Krieg in einen Giftgasangriff geraten und hatte von dem Gas eingeatmet. Es war nicht genug Gas, er starb nicht. Aber er sprach sehr leise und irgendwie knarrend und krächzend, wie eine nicht geölte Tür, und er hustete sehr viel. Oft blieb er morgens im Bett liegen, er hatte auch keine Arbeit. Tante Irmchen sagte immer: »Der pfeift aus dem letzten Loch, der ist zu nichts mehr zu gebrauchen.« Sie guckte dabei triumphierend in die Runde, so als ob sie etwas sehr Wichtiges gesagt hätte. Oma wurde dann richtig böse und schimpfte: »Irmchen, du bist ein garstiges Weib und rot bist du auch, du bist unsere rote Irmgard.« Bloß weil meine Tante in der SED war.
Onkel Günter starb dann auch bald. Sicher, weil er zu nichts mehr zu gebrauchen war.
Weil Tante Irmgard immer so schlecht über ihn geredet hatte, war sie verantwortlich für seinen Tod. Ich habe ihr zwei Frösche in die Schuhe gesteckt, in jeden Schuh einen. Sie hat so geschrien, dass wir schon glaubten, sie sei auch tot. Zur Strafe zertrümmerte meine Mutter auf mir einen Handfeger und einen hölzernen Küchenlöffel.
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