Sie ist Spanierin, spricht aber mit
slawischem Akzent. In Valencia traf Detlev Crusius eine alte Frau, deren
Familie durch den Spanischen Bürgerkrieg auseinandergerissen wurde. Als Kind
kam sie Ende der dreißiger Jahre in die Sowjetunion, wo sie bald ihre Heimat
vergaß.
Kriegsversehrte
Invaliden, Kinder in Uniform und Feldwebel ohne Munition: Der Ende 1944
einberufene Volkssturm war Hitlers wahnwitziger Versuch, den Vormarsch der
übermächtigen Roten Armee aufzuhalten. Der Vater von Detlev Crusius konnte dem
Irrsinn entkommen - ganz unerwartet.
Was
droht einem Seemann, der zum ersten Mal um die halbe Welt gefahren ist? Die
Taufe. Genauer: die Äquatortaufe. Vor 50 Jahren musste Seemann Detlev Crusius
den uralten Brauch über sich ergehen lassen - die Sache mit dem Senf war dabei
noch das harmloseste Detail.
Als
Stalin starb, fasste Familie Crusius ihren Entschluss: Raus aus der DDR. Detlev
Crusius war damals elf Jahre alt. Mit der offiziellen Empfehlung seiner
Lehrerin reiste er nach Berlin. Doch statt sich die Stalinallee anzusehen,
stieg die Familie in eine andere Bahn.
Als
Europa 1948 in Schutt und Asche lag, war Detlev Crusius sechs Jahre alt. Da
hatte er bereits eine mehrmonatige Flucht vor der Roten Armee hinter sich.
Jetzt plantschte er mit russischen Soldaten im See und bekam einen Haarschnitt
erster Güte verpasst.
Das
Schreien verbrennender Ratten und ein Haufen gebratenen Fleisches, von dem
keiner wusste, woher es kam: Detlev Crusius erinnert sich in allen Details an
seine Flucht vor der Roten Armee. Auch an den Moment, als seine Familie ihre
letzten Habseligkeiten zurückließ.
Bahnfahren,
Bahnfahren, Bahnfahren! Seit Detlev Crusius mit seiner Frau durch Russland zur
Verwandschaft reist, ist ihm klar: "In der Nähe" heißt in Russland
etwas ganz anderes als in Deutschland.