Sie ist Spanierin, spricht aber mit
slawischem Akzent. In Valencia traf Detlev Crusius eine alte Frau, deren
Familie durch den Spanischen Bürgerkrieg auseinandergerissen wurde. Als Kind
kam sie Ende der dreißiger Jahre in die Sowjetunion, wo sie bald ihre Heimat
vergaß.
Bahnfahren,
Bahnfahren, Bahnfahren! Seit Detlev Crusius mit seiner Frau durch Russland zur
Verwandschaft reist, ist ihm klar: "In der Nähe" heißt in Russland
etwas ganz anderes als in Deutschland.
Kriegsversehrte
Invaliden, Kinder in Uniform und Feldwebel ohne Munition: Der Ende 1944
einberufene Volkssturm war Hitlers wahnwitziger Versuch, den Vormarsch der
übermächtigen Roten Armee aufzuhalten. Der Vater von Detlev Crusius konnte dem
Irrsinn entkommen - ganz unerwartet.
Die
Kinder machen schon genug Arbeit, wozu noch einen Mann? Als Detlev Crusius in
den achtziger Jahren die Sowjetunion besuchte, lernte er einiges über den
harten Alltag junger Moskauerinnen - und auch über ihre geheimen Wünsche.
Es
ging um Geschäfte, die Ehre und zu viel Wodka: Detlev Crusius lernte vor
einigen Jahren die kasachische Gastfreundschaft kennen - und mit ihr die
Grenzen seines Körpers. Unverhofft fand er sich auf einem OP-Tisch wieder und
blickte dann auch noch einem Hammel tief in die Augen.
Kulturschock
Russland: Als Detlev Crusius 1988 das erste Mal seinen Fuß auf Moskauer Boden
setzte, fand er sich in einer fremden Welt wieder. So hatte er sich den
Sozialismus nicht vorgestellt.
Marlboro-Zigaretten
als Währung und Trinksprüche bis zum Abwinken: Detlev Crusius reiste in den
achtziger Jahren mehrmals geschäftlich nach Moskau. Ein stressiger Job - aus
unerwarteten Gründen.
Was
droht einem Seemann, der zum ersten Mal um die halbe Welt gefahren ist? Die
Taufe. Genauer: die Äquatortaufe. Vor 50 Jahren musste Seemann Detlev Crusius
den uralten Brauch über sich ergehen lassen - die Sache mit dem Senf war dabei
noch das harmloseste Detail.
Blau-weiß-gestreifte
Bettwäsche und ein Kaninchenstall als Wohnung: Als Kind lernte Detlev Crusius
den Lageralltag von DDR-Flüchtlingen in Westdeutschland kennen. Und eine
Freiheit, die er nicht mehr aufgeben wollte. Auch nicht, als er nach Jahren
wieder ein eigenes Zimmer hatte.
Als
Stalin starb, fasste Familie Crusius ihren Entschluss: Raus aus der DDR. Detlev
Crusius war damals elf Jahre alt. Mit der offiziellen Empfehlung seiner
Lehrerin reiste er nach Berlin. Doch statt sich die Stalinallee anzusehen,
stieg die Familie in eine andere Bahn.
Bananen
im Holzbein, selbstgebrannter Schnaps und ein Hörgerät im Spülbecken: Die
Nachkriegszeit in der DDR war für Detlev Crusius ein Abenteuerspielplatz. Und
in der Schule lernte der damals Elfjährige schnell, wie Maikäfer und
US-Amerikaner für gute Noten sorgen konnten.
Als
Europa 1948 in Schutt und Asche lag, war Detlev Crusius sechs Jahre alt. Da
hatte er bereits eine mehrmonatige Flucht vor der Roten Armee hinter sich.
Jetzt plantschte er mit russischen Soldaten im See und bekam einen Haarschnitt
erster Güte verpasst.
Das
Schreien verbrennender Ratten und ein Haufen gebratenen Fleisches, von dem
keiner wusste, woher es kam: Detlev Crusius erinnert sich in allen Details an
seine Flucht vor der Roten Armee. Auch an den Moment, als seine Familie ihre
letzten Habseligkeiten zurückließ.
Wölfe
im Garten und Bienen in der Sauna: In dem russischen Ort Chornaja am Fuße des
Ural scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Detlev Crusius hat das Städtchen
besucht - nicht als Tourist, sondern als Schwager.